Zamberk: „Wir haben bewiesen, dass die Bundesliga nicht zementiert ist“ 

 

Am Montag stellte sich Frankfurts neuer Finanzvorstand Julien Zamberk vor. Der 36-Jährige kündigt an, den Wachstumskurs der vergangenen Jahre fortsetzen zu wollen. Damit einher geht ein wichtiges Ziel: Mit einer Kapitalmaßnahme soll das Eigenkapital der Fußball AG gestärkt werden.

Frankfurts neuer Finanzvorstand spricht über strategische Ziele und Herausforderungen

Zamberk bringt jede Menge Stallgeruch mit. Aufgewachsen in Frankfurt, verfolgte er die Spiele der Eintracht als Kind mit seinem Vater auf dem Sofa, später mit Freunden im Stadion. Nach einem Management-Studium in England kehrte er an den Main zurück und fing 2011 bei der Eintracht im e.V. als Praktikant an. Drei Jahre später begann er als Vorstandsreferent in der Fußball AG, später kamen weitere Aufgaben als Prokurist und Geschäftsführer der Eintracht Frankfurt Stadion GmbH dazu.

„Ich fange nicht ansatzweise bei null an“

„Es gab in den letzten zehn, elf Jahren kaum eine geschäftspolitische Entscheidung, an der ich nicht involviert oder maßgeblich beteiligt war“, berichtet Zamberk. Dies sei ein „offensichtlicher Unterschied“ zu seinem Vorgänger Oliver Frankenbach: „Ich komme nicht aus dem Finanz- und Rechnungswesen, sondern aus der strategischen unternehmerischen Planung. Ich war in alle strategischen Entscheidungen involviert. Das möchte ich nicht aufgeben.“ Aus den vielfältigen Erfahrungen in der vergangenen Dekade zieht er viel Selbstvertrauen. „Diese verschiedenen Positionen und Rollen geben mir in der Summe das Selbstbewusstsein, dass ich mich in der Lage sehe, die Position als Finanzvorstand anzunehmen. Mir ist bewusst, dass ich in große Fußstapfen trete“, erklärt Zamberk.

Präsident und Aufsichtsratsboss Mathias Beck (53) sieht in dem frischgebackenen Familienvater die ideale Besetzung. „Wir haben mit mehreren internen und externen Kandidaten sehr intensiv gesprochen. Es war aber von Anfang an meine Intention, dass wir eine interne Besetzung vorziehen wollen. In den Gesprächen wurde schnell klar, dass wir das Thema intern gut lösen können“, erläutert Beck. Er habe mit Zamberk ausführlich eruiert, „was in Zukunft nötig ist, damit Eintracht Frankfurt den Erfolgskurs beibehält“. Solche tiefgehenden Gespräche seien nur mit einem internen Kandidaten möglich gewesen. Zamberk betont: „Ich fange nicht ansatzweise bei null an, sondern bin sehr tief in den Themen drin.“

Verschwiegenheit zur geplanten Kapitalmaßnahme

Schon in diesem Monat steht – wie jedes Jahr im November – die Budgetplanung für die neue Spielzeit an. Die größere Herausforderung besteht indes darin, eine Kapitalmaßnahme zu planen und durchzuführen, um das Eigenkapital der AG zu stärken. Über Details möchten Zamberk und Beck noch nicht öffentlich sprechen. Bereits im März 2022 hatten Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen, eine Kapitalmaßnahme zu prüfen.

Aktuell hält der e.V. 67,89 Prozent der Anteile an der Fußball AG. Nach einem Mitgliederbeschluss im September 2022 steht fest, dass der Verein jederzeit mindestens 60 Prozent der Anteile halten muss. Demnach könnten höchstens weitere 7,89 Prozent veräußert werden. Eine weitere Möglichkeit: Zamberk könnte versuchen, Anteile von Philip Holzer und Stephen Orenstein zurückzuerwerben und mit einem Aufpreis am Markt zu platzieren. Die beiden früheren Aufsichtsräte halten über die Freunde des Adlers GmbH 16,81 Prozent der Anteile. Vermutlich werden in den Gremien aber auch noch andere Ideen diskutiert. Eine einfache Lösung gibt es offenbar nicht, sonst wäre sie von Frankenbach in den vergangenen zwei Jahren längst umgesetzt worden. „Es gibt sehr viele Ideen und Konzepte, die Oliver Frankenbach mir übergeben hat“, sagt Zamberk.

Transfers zum „optimalen strategischen Zeitpunkt“

Konkret geht es für die Eintracht nicht zuletzt darum, die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, aus wirtschaftlichen Zwängen heraus Spieler verkaufen zu müssen. Zamberk erläutert: „Wir wollen uns wirtschaftlich so aufstellen, dass wir zum optimalen strategischen Zeitpunkt entscheiden können, wann wir jemanden kaufen oder verkaufen wollen.“ Omar Marmoush konnte im vergangenen Sommer beispielsweise gehalten werden – ohne die Qualifikation für die Europa League wäre das nahezu undenkbar gewesen. Einschränkend sagt Zamberk, dass es Situationen geben werde, in denen man nicht verkaufen wolle, „es der Markt aber nicht anders hergibt“. Das klingt etwas nebulös. Gemeint ist vermutlich, dass es manchmal Angebote gibt, die man nicht ablehnen kann. So wie beim 95-Millionen-Euro-Paket für Randal Kolo Muani vor einem Jahr.

Grundsätzlich seien „Transfererlöse in unserer Strategie ein wichtiger Bestandteil“, betont der Finanzvorstand. „Das war vor zehn, elf Jahren noch nicht der Fall.“ Der damalige Vorstandsboss Heribert Bruchhagen agierte konservativer – und sprach metaphorisch gerne von der „zementierten Tabelle“. Nun sagt Zamberk: „Wir haben in den letzten zehn Jahren bewiesen, dass die Bundesliga nicht zementiert ist. Aber es gibt Vereine, die vor uns stehen und sich in anderen wirtschaftlichen Dimensionen bewegen.“ Ein bisschen Zement findet sich in der Tabelle also noch immer wieder.

Doch zurück zur Strategie. Transfererlöse sind bei der Eintracht mittlerweile ein wichtiger Bestandteil der Gesamterlöse. Daraus folgt: „Es ist unsere ganz klar definierte Strategie, einen großen Teil unseres Kapitals in den Kader zu investieren.“ Nur so können hochtalentierte Spieler mit großem Wertsteigerungspotenzial wie Hugo Larsson oder Hugo Ekitiké verpflichtet werden. Das Erlöspotenzial des Kaders wird mittlerweile auf 300 Millionen Euro geschätzt, wie Frankenbach in der vergangenen Woche bei der Präsentation der Finanzkennzahlen zur Saison 2023/24 erklärte.

Ein „gewisses Risiko“

„Man muss bereit sein zu akzeptieren, dass ein Teil des Eigenkapitals nicht auf dem Bankkonto liegt, sondern im Spielerkader steckt. Das ist im Fußball immer mit einem gewissen Risiko behaftet, weil man nicht weiß, wie sich Spieler entwickeln“, räumt Zemberk ein. Das Wachstum der vergangenen Jahre bestätigt die Eintracht allerdings in diesem Kurs. Komplett sollen die Transfererlöse indes auch künftig nicht in den Kader reinvestiert werden. Zamberk spricht von einem „Puffer“, der aufgebaut werden müsse. Außerdem soll auch in andere Projekte, unter anderem in die Infrastruktur, weiter investiert werden.

Als Ziel formuliert Zamberk, dessen Vorstandsvertrag zunächst bis zum 31. Dezember 2027 läuft: „Wir sind auf allen Ebenen sehr stark gewachsen. Diesen Wachstumskurs wollen wir weiterfahren. Auch das internationale Geschäft ist Teil unserer Zielsetzung.“ Einbringen möchte er seine Expertise perspektivisch auch außerhalb des Klubs. Frankenbach ist aktuell noch Teil der Lizenzierungs- und Finanzkommission der DFL, wird seinen Platz aber bald räumen. „Das sind erstrebenswerte Gremien“, meint Zamberk, „es ist mein Ziel, da reinzukommen. Aber nicht von heute auf morgen.“ Bei der Eintracht hat er nach dem Aufstieg in den Vorstand ohnehin erst mal alle Hände voll zu tun. Und zu Hause wartet sein sieben Wochen alter Sohn.

 

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