Bei der Rückkehr nach Mönchengladbach, wo er von 2012 bis 2016 vier Jahre für die Borussia spielte, setzte Granit Xhaka beim Leverkusener 3:2-Sieg offensive Highlights, verriet aber wie die gesamte Leverkusener Elf ungewohnte Defensivschwächen.
Last-Minute-Sieg zum Auftakt
Er sorgte für den ersten Paukenschlag der Saison. Sein Spannstoß aus 23 Metern, minimal und damit optimal über den Außenrist abgerutscht, schlug links oben im Gladbacher Kasten ein. Ein Traumtor zur Leverkusener Führung schon in der zwölften Minute, nach dem Granit Xhaka sich den Jubel („Ich wollte den Gladbacher Fans und dem Verein Respekt zollen“) verkniff.
Und auch in der zwölften Minute des zweiten Durchgangs sorgte der Schweizer für ein Highlight, spielte Flügelflitzer Jeremie Frimpong mit einem glänzenden Steckpass frei, ehe dieser an Gladbachs Keeper Jonas Omlin scheiterte und das vorentscheidende 3:0 verpasste.
Xhaka: „Es war nicht perfekt“
Zwei Szenen wie zwei Sahnehäubchen, die die Klasse des Mittelfeldspielers belegten, der als Taktgeber der Werkself ohnehin funktioniert, der sich aber neben starken Szenen mit Ball diesmal auch deutliche Schwächen im Defensivspiel leistete.
So sah Xhaka bei beiden Gegentreffern nicht gut aus. „Vor dem ersten Tor verliere ich das Kopfballduell“ gab der Stratege nachher zu, „das zweite Tor ist etwas unglücklich. Nicht jeder Stürmer hält den Fuß da rein. Aber wir können sehr viele Sachen noch besser machen. Es war nicht perfekt.“
Wohl wahr. Gerade das Gladbacher 2:2 war exemplarisch für die Leverkusener Passivität und die fehlende Kompaktheit, weil die Werkself-Profis mehr zurückwichen, als den Gegner zu stellen. So ließen erst Florian Wirtz und Amine Adli Gladbachs Kevin Stöger im Mittelfeld aus einer aussichtslosen Situation entwischen, dann setzte Alejandro Grimaldo Joe Scally auf dem Flügel nicht unter Druck, sodass dieser unbedrängt wieder zu Stöger spielen konnte, dem Xhaka an der Strafraumgrenze alle Zeit der Welt gewährte, den Ball anzunehmen und so lange zu warten, bis sich die Lücke für einen einfachen wie genialen Pass auf Torschütze Tim Kleindienst auftat, gegen den Edmond Tapsoba alles andere als gut positioniert war.
Xabi Alonso und Xhaka noch nicht zufrieden
Eine Fehlerkette, die man im Doublejahr so nicht gesehen hatte, wie Trainer Xabi Alonso („Wir waren nicht kompakt, auch etwas passiv. Das ist nicht unser Standard“) später offen und eindeutig einräumte. Auch Xhaka machte daraus keinen Hehl.
„Ich bin realistisch genug, um zu wissen, ob es gut oder weniger gut läuft. Ich bin mittlerweile keine 18 mehr, sondern fast 32: Da kann man sich selbst besser einschätzen. Es gibt Luft nach oben für mich selbst, für die ganze Mannschaft“, stellte der Linksfuß selbstkritisch fest, betonte aber: „Ich bin überzeugt, dass wir auf jeden Fall bessere Spiele zeigen werden.“
Die defensiven Schwächen, die sich in der Vorbereitung angedeutet hatten, waren das eine, die Leverkusener Reaktion auf den Ausgleich nach eigener 2:0-Führung das andere. „Wir waren zweimal nicht konzentriert genug, zweimal klingelt es“, urteilte Xhaka, „aber wir haben einmal mehr gezeigt: Wir geben nicht auf, sondern wir glauben an uns bis zum Schluss.“
Comeback-Qualitäten sind kein Allheilmittel
So schrieb Bayer die Serie seiner Last-Minute-Treffer fort. Diesmal mit dem Strafstoß von Wirtz in der elften Minute der Nachspielzeit nach einem umstrittenen VAR-Eingriff.
Eine starke Premiere, feine Szenen und ein Malus (k+)
Diese Comeback-Qualitäten beeindrucken – offenbar auch die Konkurrenz wie Xhaka anmerkt. Doch als Allheilmittel will er diese nicht kultivieren. „Natürlich können wir jetzt nicht immer hoffen, dass wir kurz vor Schluss oder in der Nachspielzeit Tore machen, sondern müssen probieren, die Spiele schon vorher zu entscheiden. Dazu hatten wir auch genug Möglichkeiten.“
Denn: Immer wird dies nicht gutgehen, weiß Xhaka. „Wenn du sie vorne nicht machst, kriegst du sie hinten“, sagte er und resümierte: „Wir sind froh, dass wir heute gewonnen haben.“ Dank bekannter Stärken und trotz ungewohnter Schwächen.