Nach der Verletzung von Aleksandar Pavlovic treten beim FC Bayern wieder andere Akteure in den Vordergrund.
Joao Palhinha nutzt die erste richtige Chance
Sieben Sekunden dauerte es im August, bis Joao Palhinha bei seinem ersten Spiel im Bayern-Trikot zur Grätsche ansetzte. Der Portugiese, der ja angeblich so gerne grätscht und dadurch auch allerlei Gelbe Karten in der Premier League sammelte, rutschte in Seoul beim Testspiel der Münchner gegen Tottenham (2:1) in seinen Premieren-Zweikampf und hinterließ gleich mal einen Eindruck, was die Bayern da für rund 50 Millionen Euro in London beim FC Fulham eingekauft hatten.
Nach nun drei Monaten beim Rekordmeister ist es für ein erstes Zwischenfazit dieses teuren Neuzugangs noch zu früh, allein deswegen, weil Palhinha bislang noch nicht über die Reservistenrolle hinausgekommen war und nur sporadisch eingesetzt wurde. Am Samstag, beim 4:0 gegen Stuttgart, bestätigte er jedoch den ersten Eindruck: Dieser Mann grätscht wirklich gerne.
Nachdem Palhinha bereits in der achten Minute den Platz des verletzten Aleksandar Pavlovic eingenommen hatte, überzeugte er durch harte Tacklings, das Gespür fürs Zupacken, darüber hinaus aber auch mit einer gewissen Passschärfe und Vorstößen in den gegnerischen Strafraum. „Er hat mir sehr gut gefallen“, lobte Joshua Kimmich seinen neuen Nebenmann. „Er hat das super gemacht, hatte einige sehr gute Ballgewinne, war mit dem Ball sehr, sehr sicher und hatte immer wieder eine ganz gute Position gegen den Ball.“
„Das wird uns schon weh tun.“ (Joshua Kimmich über Pavlovics Ausfall)
So gut, dass er in der 72. Minute an der Außenlinie, tief in der gegnerischen Hälfte, zum Flug ansetzte, Stuttgarts Jamie Leweling den Ball vom Fuß grätschte, kurz in Richtung Publikum schaute und beide Fäuste ballte. „Wie er trainiert, wie motiviert er immer ist“, hob auch Dreierpacker Harry Kane hervor. „Pal war fantastisch heute.“
Die erste richtige Duftmarke des EM-Fahrers spendete zumindest ein bisschen Trost ob des längerfristigen Ausfalls von Shootingstar Pavlovic. Der Nationalspieler wurde nach seinem erlittenen Schlüsselbeinbruch bereits operiert und dürfte in diesem Jahr nicht mehr zum Einsatz kommen. „Er wird uns fehlen“, versicherte Kimmich. „Mit seiner Art und Weise, wie er spielt und mit seiner Art und Weise, wie er auch den Fußball liebt. Das merkt man bei ihm schon, dass er eine sehr gute Energie hat. Das wird uns schon weh tun.“
Für Trainer Vincent Kompany war Pavlovic in der bisherigen Saison „einer unserer besten Spieler“. „Dass er jetzt ausfällt, ist natürlich sehr bitter.“ Öffnet aber wiederum die Türe für andere, zum Beispiel Joao Palhinha. „Ich bin hier, um für meine Gelegenheiten zu kämpfen“, erklärte der 29-Jährige nach dem bestandenen Härtetest. „Ich wusste natürlich, dass das heute eine große Möglichkeit für mich war.“
Und weitere werden folgen. Bereits am Mittwoch in Barcelona dürfte Palhinha erneut an der Seite von Kimmich auflaufen und den bayerischen Vortrag etwas verändern. „Joao ist einer, der auch mal gegen den Ball reinfahren kann, der auch sehr physisch spielen kann“, meint Kimmich und vergleicht: „Alex ist dann schon einer, der viel den Ball will, der viel zocken will, viele Ballkontakte haben möchte. Der es liebt, das Spiel zu gestalten.“
Bereits gegen Stuttgart war zu beobachten, dass es Palhinha war, der sich öfter in zwischen die Innenverteidiger Dayot Upamecano und Min-Jae Kim fallen ließ und Kimmich dafür offensiver in Erscheinung trat. Der deutsche Nationalmannschaftskapitän dürfte in den kommenden Wochen und Monaten noch mehr Spielanteile genießen als ohnehin schon in der zurückerlangten Mittelfeldrolle.
Kompany betont: „Jeder bekommt eine wichtige Rolle“
„Beide“, findet Kimmich jedenfalls, „haben absolut ihre Vorzüge. Wie sich jetzt unser Spiel ändert, schauen wir mal.“ Schauen wir auf jeden Fall.
„Profitieren“ dürfte von Pavlovics Verletzung auch Leon Goretzka, der gegen Stuttgart zwar als Innenverteidiger eingewechselt wurde, aber im Mittelfeld eine der ersten Alternativen für Palhinha sein kann. Gleiches gilt für Raphael Guerreiro oder Konrad Laimer, die zuletzt fast ausschließlich als Rechtsverteidiger gefragt waren.
„Jeder bekommt eine wichtige Rolle“, verspricht Trainer Kompany und darf sich bestätigt fühlen, nachdem er Woche für Woche den ganzen Kader in seine Analysen einbezogen hatte. „Der Trainer redet oft darüber, dass er jeden Spieler braucht“, weiß auch Kane. „Jetzt geht es um die Spieler, die einspringen.“