Am Mittwochabend erlebten die Eintracht und ihre Fans mehr als ein 90-minütiges Fußballspiel. Das DFB-Pokalduell gegen Gladbach (2:1) wird aus vielerlei Gründen noch lange in Erinnerung bleiben und könnte für den weiteren Saisonverlauf eine Initialzündung sein.
Ein Pokalfight als Reise in die Vergangenheit und Verheißung für die Zukunft
Der Pokalfight gegen Gladbach fühlte sich wie eine Reise in die Vergangenheit an. Es gab Zeiten, da wohnte dem Waldstadion eine ganz eigene Magie inne, sobald es dunkel wurde und das Flutlicht angeknipst wurde. Frankfurt erlebte begeisternde Europapokalabende, an denen Fans und Mannschaft miteinander verschmolzen und über sich hinauswuchsen. Die Elektrizität in der Luft war bis unters Tribünendach zu spüren und entlud sich ein ums andere Mal in gewaltigen emotionalen Eruptionen – das Stadion als Tempel der Ekstase.
Dieser Zauber war allerdings schon länger nicht mehr so richtig zu spüren. 2023/24 sorgten die wenig namhaften Gegner in der Conference League und die meist dünnen Auftritte des Teams für Ernüchterung. Auch in dieser Saison boten die internationalen Heimspiele gegen Pilsen (3:3) und Riga (1:0) kaum Anlass für Freudentänzchen. Die Spiele fühlten sich nach Alltag an, nicht so sehr nach besonderen Europacupnächten.
Maschinen und Raffinesse
Doch am Mittwochabend stimmten plötzlich alle Zutaten, um ein Erlebnis zu schaffen, das Spielern wie Fans noch lange in Erinnerung bleiben wird. Das fängt schon mit der Pokal-Auslosung an. Borussia Mönchengladbach zählt zu den großen Traditionsklubs, die auch unter der Woche für einen rappelvollen Gästeblock sorgen. Arthur Theates früher Platzverweis in der 15. Minute war zwar ein Ärgernis und eine Schwächung, diente aber auch als emotionale Würze, indem er die Hessen in der eigenen Manege zum Underdog machte.
„Er kam aus der kalten Hose rein und hat es überragend gemacht.“ (Dino Toppmöller über Nnamdi Collins)
Vorne waren die zwei famosen Stürmer Hugo Ekitiké und Omar Marmoush mit ihrer Raffinesse wieder einmal allein das Eintrittsgeld wert. Für Verblüffung sorgte aber auch Youngster Nnamdi Collins (20), der als Rechtsverteidiger mit Raketenantrieb einen kometenhaften Kaltstart hinlegte. „Der hat das Spiel seines Lebens gemacht“, schwärmt Vorstandssprecher Axel Hellmann. Trainer Dino Toppmöller lobt: „Er kam aus der kalten Hose rein und hat es überragend gemacht.“ Über allem stand indes eine vorbildliche Energie- und Mannschaftsleistung. Musketier-Level zehn von zehn: „Einer für alle, alle für einen.“ Oder wie es Sportvorstand Markus Krösche ausdrückt: „Hut ab, heute waren alle Maschinen.“ Abwehrboss Robin Koch spricht von einer „Wahnsinns-Mannschaftsleistung“.
„Dank unserer Fans gefühlt nie in Unterzahl“
Marmoushs verrückter Torjubel mit einer gruseligen Halloween-Maske rundete den Abend ab. Das Stadion war so laut wie lange nicht mehr. „Die Stimmung und die Gesänge waren atemberaubend“, staunt Collins. Koch ergänzt: „Dank unserer Fans waren wir gefühlt nie in Unterzahl.“ Keine Frage, dieses Spiel war weit mehr als 90 Minuten Fußball. „Die Mannschaft ist mit den Fans richtig zusammengewachsen. Das ist extrem wichtig für die Zukunft“, betont Krösche. Die Leistung mit einem Mann weniger sei für die Spieler „ein Zeichen“ gewesen, „dass wir immer in der Lage sind, außergewöhnliche Dinge zu machen“. Diesen Aspekt hebt auch Vorstandskollege Hellmann hervor: „So ein Spiel in Unterzahl zu gewinnen, ist für die weitere Saison ausgesprochen wichtig. Davon bin ich fest überzeugt.“
Toppmöller drückt es ähnlich aus. „So ein Sieg kann uns einen Push geben, weil das Team merkt, was möglich ist. Wenn wir über Grenzen gehen, sich jeder für das Team aufopfert und bereit ist, für den anderen die Meter mitzumachen, dann hast du natürlich – vor allem mit diesem Publikum hier – immer die Möglichkeit, besondere Momente und besondere Dinge zu erreichen“, führt der Coach aus. Allerdings solle man gar nicht so weit in die Zukunft blicken, sondern vielmehr den Moment genießen – und gut regenerieren.
Drei Spiele in acht Tagen
„Es geht Schlag auf Schlag weiter“, weiß Toppmöller. Am Samstag kommt Bochum, am Donnerstag Slavia Prag, drei Tage später geht es nach Stuttgart. Anschließend folgt die Länderspielpause, die für die zahlreichen Nationalspieler weitere Strapazen bereithält. Da kann es nicht schaden, dass allein die Erinnerung an die Magie des Pokalabends ungeahnte Kräfte freisetzen könnte.