„Krasse Fehlentscheidung“ oder „im Sinne des Fußballs“? Hand-Diskussion in Augsburg 

 

Die neue Bundesliga-Saison ist keine zwei Tage alt, schon gibt es die zweite VAR-Diskussion. Die Augsburger sehen nach einem Handspiel einen „glasklaren Elfmeter“, für Bremen ist es „im Leben keiner“. Mittendrin: Schiedsrichter Sascha Stegemann.

„Hürdenläufer“ Jung im Mittelpunkt

„Die Szene wurde überprüft – ich hoffe, es war dann gerecht.“ Mehr wollte und konnte Bremens Mitchell Weiser zu den Ereignissen in der 77. Minute beim 2:2 seiner Werderaner beim FC Augsburg zum Auftakt in die neue Saison nicht sagen. Der diplomatische Wunsch nach Fairness durch den VAR – wenn man die Augsburger fragte, blieb er erneut unerhört.

Schon am Freitagabend hatte es nicht lange gedauert, bis die Bundesliga in ihrer 62. Saison in die ersten Diskussionen um den VAR verstrickt wurde. Der Einsatz des Videoassistenten vor dem spielentscheidenden Strafstoß von Meister Leverkusen gegen Gladbach (3:2) war umstritten – am Samstag folgten in Augsburg gleich die nächsten Diskussionen.

Was war passiert? In eben jener 77. Minute starteten die Fuggerstädter einen Angriff über links, Elvis Rexhbecaj flankte ins Zentrum, wo zwei Augsburger Angreifer warteten. Sie kamen allerdings nicht zu einem klaren Abschluss – weil der Ball kurz zuvor von der Hand von Bremen-Verteidiger Anthony Jung touchiert und leicht abgefälscht wurde.

Schiedsrichter Sascha Stegemann ließ weiterspielen, schaute sich die Szene nach VAR-Hinweis nochmal an, blieb aber bei seiner Entscheidung: kein Handelfmeter. Kurz zuvor hatte der FCA ebenfalls kein Glück, als das vermeintliche 3:2 von Samuel Essende wegen Handspiels des Stürmers zurückgepfiffen wurde.

Augsburg bemängelt „krasse Fehlentscheidung“

„Herr Stegemann hat zweimal Verantwortung übernommen und aus unserer Sicht war die zweite Entscheidung eine krasse Fehlentscheidung“, meckerte Marinko Jurendic nach der Partie am Sky-Mikrofon. Das Resultat müsse der FCA mitnehmen, meinte der Sportdirektor, doch er „bedauere“ die Art und Weise des Zustandekommens.

Ebenfalls bemängelte Jurendic eine aus seiner Sucht unklare Kommunikation: „Uns wurde das auch nicht verargumentiert. Der Vierte Offizielle wusste nicht, warum es keinen Elfmeter gab. Da erwarten wir nach der Regelschulung letzte Woche Klarheit.“ Und nach eben dieser Regelschulung sehe Jurendic in der Jung-Szene einen „glasklaren Elfmeter“, Absicht oder nicht spiele da keine Rolle. „Wenn der Ball durchkommt, steht da unser Stürmer bereit, schießt das 3:2 und das Spiel ist gelaufen.“

„Die Schiedsrichter sind mittlerweile völlig überfordert.“ (Jeffrey Gouweleeuw)

Geschäftsführer Michael Ströll ergänzte später, dass Stegemann seine Entscheidung mit einer „natürlichen Handbewegung“ des Verteidigers begründete, auch wenn Ströll selbst das anders sah: „Das ist ein klarer Handelfmeter. Punkt. Ende.“ Coach Jess Thorup meinte, Stegemann habe dem FCA „zwei Punkte genommen“. Kapitän Jeffrey Gouweleeuw beschwerte sich: „Da brauchst du keine Regelschulung. Die Schiedsrichter sind mittlerweile völlig überfordert.“

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Stegemann sieht Argumente für beide Seiten

Diese Regelschulung versuchte Stegemann nach dem Spiel nachzuholen. Wichtig für die Bewertung der Strafbarkeit eines Handspiels seien demnach zwei Fragen: Handelt es sich um ein absichtliches Handspiel? Liegt eine Vergrößerung der Körperfläche vor? Ersteres „können wir relativ schnell verneinen, weil keine Bewegung zum Ball erkennbar war“, so Stegemann, letzteres sei „völlig unstrittig“.

Die Gretchenfrage also lautet: „Ist es eine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche?“ Da gebe es laut Stegemann Argumente für beide Seiten. Dafür spreche, dass der Ball relativ lange unterwegs war, der Abwehrspieler das Handspiel also hätte verhindern können. Für Stegemann ausschlaggebend war aber etwas anderes: „Gegen eine Unnatürlichkeit spricht in meinen Augen vor allem die Intention des Spielers.“

Entscheidung „im Sinne des Fußballs“?

Für Stegemann ging es Jung „ausschließlich darum, den Ball mit dem Fuß zu klären, der Arm schwingt im Prinzip wie bei einem Hürdenläufer nebenher“. Durch diese Intention des Werder-Verteidigers habe Stegemann „auch im Sinne des Fußballs, denke ich“, die Situation als natürliche Körperhaltung eingestuft und keinen Elfmeter gepfiffen.

Unterstützung bekam Stegemann übrigens von Werder-Profi Marvin Ducksch. Der habe die Handsituation am Bildschirm gesehen. „Ich weiß nicht, warum er da rausgeschickt wird“, vertrat er die konträre Meinung zu den Augsburgern. „So wie ich das sehe ist das im Leben kein Handspiel.“

 

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